Augenblicke: Familie Köppe am 7. September 2010

Er ist da. Mit Tagestemperaturen unter 10 Grad C und Nächten um die 0 Grad C schlägt der lappländische Herbst wieder einmal unerwartet zeitig zu.

Jeans und Fleecejacke sind nun nicht mehr wegzudenken, auch wenn der eine oder andere mit T- shirt und Shorts der Realität trotzen will.

Dennoch hatten sich die Veranstalter von Älvsbyns ersten Sommerkino nicht abschrecken lassen und trotz Kälte ein unvergessliches Erlebnis für die Jugend des Dorfes geschaffen, das hoffentlich schon im nächsten Jahr seinen festen Platz im Veranstaltungskalender einnimmt.

Endlich Schule

Mit dem Ende der Ferien begann für unseren Sechsjährigen das langersehnte Schulleben, welches in der 0. Klasse eher recht soft startet und einen geschmeidigen Übergang zwischen Kindergarten und Schule schaffen soll.

Da ist es gar nicht so einfach seinen Wissensdurst noch eine Weile unter Kontrolle zu halten.

Es ist unglaublich faszinierend mit welcher Selbstverständlichkeit unsere Kinder aktiv am Leben in zwei Kulturen teilnehmen und sich daraus ihr eigenes Weltbild erschaffen.

Es ist viel was jetzt passiert, allerdings weniger dramatisch und kompliziert als im Herbst des Jahres 2005. Leider konnte die beeindruckende Schönheit der Natur um uns herum nicht kompensieren, das ein funktionierendes soziales Netz sich nicht einfach aus dem Boden stampfen lässt. Schon gar nicht in einer so kleinen und in sich geschlossenen Gemeinde wie Älvsbyn.

Auch wenn wir uns recht schnell einen Bekanntenkreis aufgebaut hatten, gelang es uns erst in diesem Jahr Menschen zu treffen, die schon in kurzer Zeit zu einem wichtigen Teil in unserem Leben geworden sind.

Einsamkeit oder soziales Netz

Ich denke oft an diejenigen die mitten im Wald wohnen und dort in ihrer Einsamkeit ihre Erfüllung finden.

Für mich und sicher für die meisten anderen Menschen auch sind soziale Netzwerke von grosser Bedeutung.

Während Marcel direkt im Anschluss an unseren Umzug anfing zu arbeiten, kamen die Kinder und ich erst 2 Monate später zum Zuge aufgrund von Wartezeiten im Bezug auf Kindergartenplätze.

Am Anfang war die Sprachbarriere

Die Kinder hatten sich zum Glück gegenseitig, denn die Sprachbarriere erwies sich als absolutes Hindernis um Zugang zu den schwedischen Kinder zu bekommen, so sehr sich meine Jungs auch bemühten.

Eine Erfahrung die mein Mutterherz zum Weinen brachte.

Als dann im November der Alltag mit drei Stunden Dagis unserer Frustration ein Ende setzte und nun endlich die Türen für den Spracherwerb weitgeöffnet waren, ging alles sehr schnell.

Die Kinder fanden Anschluss

Die Kinder fanden Anschluss und ich begann meinen Sprachkurs.

Schon 3 Monate später arbeitete ich stundenweise als Vertretung in Deutsch mit schwedischen Sieben- und Achtklässlern. Und das sage und schreibe 2 Jahre lang.

Blicke ich heute zurück, weiss ich nicht woher ich den Mut nahm mich mit meinen damaligen Sprachkenntnissen an so ein Projekt heran zu wagen.

Sprachkurs - denn Sprache ist Leben und Kultur

Zusätzlich ging ich unter der gesamten Zeit selbst zur Schule um mein Sprachniveau so gut es ging zu erhöhen.

Nicht nur um sich bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu sichern, sondern auch weil Sprache Kultur bzw. Leben heisst.

Unsere Kinder sprechen ein klares Riksvenska mit Einschlägen des hier von den Alteingesessenen gesprochenem Pitemål.

Pitemål ist eine eigene Sprache, die Waldarbeiter, Köhler, Flösser und Bauern in dieser Region anwandten und an ihre Kinder vererbt haben.

Unserem Leben haben wir hier nach allerhand Konfrontationen mit fehlenden Personnummern (da steht das Leben still!!!), verschiedenen Lebensstilen und anderen Grundeinstellungen einen Platz geschaffen, der alle aufkommenden Selbstzweifel und Ängste in der Startphase verblassen lässt.

Sowohl Marcel als auch ich haben hier die Möglichkeit unsere beruflichen Vorstellungen in die Tat umzusetzen und dennoch Zeit mit unserer Familie verbringen.

Eine wunderbare Jahreszeit

Eine wunderbare Jahreszeit, die keinen Tag dem anderen gleichen lässt.

Es ist das überwältigende und einzigartige Farbspiel in den Wäldern Norrlands welches die ganze Familie nun so oft das Wetter es zulässt hinaus in die Natur zieht.

Blaubeeren, Pilze und Lingon stehen auf dem Plan, selbst der Kleinste ist schon eifrig dabei.

Auch Feuerholz liegt schon im Garten und wartet darauf verräumt zu werden.

Büsche und Hecke warten auf ihren Winterschnitt und neben dem Abbau des Trampolin und dem Aufnehmen der Kartoffeln muss auch noch der Rasen gekürzt werden - ein letztes Mal für dieses Jahr.

Die Liste ist lang und wie der Nordschwede sagt: Nun steht bald Weihnachten vor der Tür.

In diesem Sinne wünsche ich Euch einen wunderbaren Herbst. Stellt gerne konkrete Fragen, wenn Euch solche quälen sollten, wir sind gerne bereit sie zu beantworten. Ha det så bra. Dolores

 

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